Mit dem Rücken zur Wand

Roman nach einer wahren Geschichte von Hera Lind

Eine wahre Geschichte in einen Roman zu verpacken ist immer ein großes Risiko. Hera Lind ist das aber mit diesem Buch sehr gut gelungen. Das die Protagonistinnen sehr viel Leid ertragen haben und trotzdem immer wieder die Nähe zu dem brutalen, narzistischen Vater und Mann gesucht haben, war für mich nicht das Überraschende. Das habe ich auf vielen Gerichtsterminen als immer wiederkehrendes Phänomen beobachten können. Vielmehr hat mich die Tatsache überrascht, dass die Tochter sich ja schon für lange Zeit dem schädlichen Einfluss ihres Vaters entzogen hatte und eigentlich viele Wege hätte beschreiten können, ihr Erbe anzutreten, ohne sich ihrem Vater wieder auszuliefern.

Den Spannungsbogen bis zur Tat hat die Autorin facettenreich aufgebaut. Sie zeichnet ein bedrückend realistisches Bild einer Frau, die eine gewaltbelastete Kindheit durchlebt hatte und die sich auch als Erwachsene nicht aus dem inneren Gefängnis aus Angst und furchtbaren Erinnerungen befreien konnte.

Beim anschließenden Prozess schwächelt die Erzählung ein wenig. Das Urteil erscheint zuerst einmal gerecht. Ist man vom Fach und kennt die Rechtsprechung bei so gelagerten Fällen, erstaunt es jedoch ein wenig. Das Urteil für Marius ist ungewöhnlich hart für eine Ersttat und in Relation dazu fallen die Konsequenzen für Tochter und Freundin des „Opfers“ erstaunlich seicht aus. Hier hätte ich mir ein paar tiefer gehende Erklärungen zum Urteil gewünscht.

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